Der russich-amerikanischer Wissenschaftler (Biochemie) und einer der bekanntesten Science-Fiction-Schriftsteller schrieb 1954 die Kurzgeschichte „Die Schule“ (engl. „She thought about the fun they had“). Diese Geschichet sollte man im Hinterkopf haben, wenn Digitalapologeten heute davon schwärmen, dass im Jahr 2036 (Fritz Breithaupt) oder sogar schon 2035 (Bill Gates) Lehrkräfte durch KI-Bots ersetzt würden.
Der russich-amerikanischer Wissenschaftler (Biochemie) und einer der bekanntesten Science-Fiction-Schriftsteller schrieb 1954 die Kurzgeschichte „Die Schule“ (engl. „She thought about the fun they had“). Darin beschreibt er, wie die Schule der Zukunft aussieht – oder genauer: dass es gar keine Schulen mehr gibt. Jedes Kind hat neben seinem Kinderzimmer im Elternhaus einen kleinen »Schulraum«, in dem es von einem »mechanischen Lehrer« (einer Maschine mit Bildschirm und einem Schlitz zum Einwerfen der Hausaufgaben) unterrichtet wird. Diese Lehrmaschine sei perfekt auf die Fähigkeiten des einzelnen Kindes eingestellt und könn es optimal beschulen. Heute hieße das „individualisiert“). Obwohl die Geschichte nur zwei Seitenlang ist, zeigt Asimov sowohl die Abhänggkeit der elfjährigen Margie von der Maschine (der Schulinspektor muss ´die kaputte Maschine reparieren) wie den Glauben an die Allmacht der Technik, wenn Margie davon überzeugt ist, dass ken Mensch so klug sein könne wie das technsiche Gerät.
Diese Geschichet sollte man im Hinterkopf haben, wenn Digitalapologeten heute davon schwärmen, dass im Jahr 2036 (Fritz Breithaupt) oder sogar schon 2035 (Bill Gates) Lehrkräfte durch KI-Bots ersetzt würden.

Isaac Asimov (1959; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Isaac.Asimov01.jpg)
Die Schule (von Isaac Asimov, 1920-1992)
Margie schrieb es am Abend sogar in ihr Tagebuch. Auf die Seite mit der Titelzeile 17. Mai 2157 schrieb sie: „Heute hat Tommy ein richtiges Buch gefunden!“ Es war ein sehr altes Buch. Margies Grossvater hatte ihr einmal erzählt, dass er als kleiner Junge von seinem Grossvater gehört hätte, wie in früheren Zeiten alle Geschichten auf Papier gedruckt gewesen wären. Sie wendeten die Seiten, die schon vergilbt und brüchig waren, und es war ungemein komisch, Worte zu lesen, die stillstanden, statt sich über den Bildschirm zu bewegen, wie es sich gehörte. Und dann, wenn sie wieder zurückblätterten, konnten sie auf den vorhergehenden Seiten dieselben Worte lesen, die sie schon beim ersten Mal gelesen hatten.
„Denk mal“, sagte Tommy, „was für eine Verschwendung. Wenn du mit dem Buch fertig bist, musst du es wegwerfen. Unser Fernseher hat schon viele tausend Bücher gezeigt, und er ist noch gut für viele tausend mehr. Den braucht man nie wegzuwerfen.“ „Wo hast du das Buch gefunden?“, fragte Margie neugierig. Sie war elf und hatte noch nicht so viele Telebücher gesehen wie Tommy. Er war dreizehn. „Bei mir zu Haus.“ Er zeigte mit dem Daumen in die Richtung, ohne hinzusehen, denn er war mit Lesen beschäftigt. „Auf dem Dachboden.“ – „Wovon handelt es?“ – „Schule.“ Margie wurde zornig. „Schule? Was kann man denn schon über die Schule schreiben? Ich hasse die Schule!“
Margie hatte die Schule schon immer gehasst, aber jetzt hasste sie sie mehr als je zuvor. Der mechanische Lehrer hatte sie wieder und wieder in Geographie abgefragt, und bei jedem Mal war sie schlechter gewesen, bis ihre Mutter bekümmert den Kopf geschüttelt und die Schulinspektion angerufen hatte. Der Schulinspektor war ein runder kleiner Mann mit einem roten Gesicht gewesen, der eine ganze Kiste mit Instrumenten, Drähten und Werkzeugen bei sich getragen hatte. Er hatte Margie angelächelt und ihr einen Apfel gegeben, dann hatte er sich über den mechanischen Lehrer hergemacht und ihn auseinandergenommen.
Margie hatte gehofft, dass er ihn nicht wieder zusammenbringen würde, aber er hatte Bescheid gewusst, und nach einer Stunde oder so hatte das Ding wieder dagestanden, gross und schwarz und hässlich, mit einer grossen Mattscheibe darauf, wo alle Lektionen gezeigt wurden, und mit einem Lautsprecher daneben, der die Fragen stellte. Aber das war nicht das Schlimmste. Der Teil, den Margie am meisten hasste, war ein Schlitz, in den sie alle Hausarbeiten und die Antworten auf seine Fragen stecken musste. Alles das musste sie in einem Lochcode1 schreiben, den sie mit sechs Jahren gelernt hatte, und der mechanische Lehrer rechnete die Noten im Nu aus.
Der Schulinspektor hatte Margie noch einmal angelächelt und ihr den Kopf getätschelt, nachdem er seine Arbeit beendet hatte. Und zu ihrer Mutter hatte er gesagt: „Ihre Tochter kann nichts dafür,Mrs. Jones. Ich glaube, der Sektor Geographie war ein wenig zu schnell eingestellt. So etwas kann mitunter vorkommen. Ich habe ihn verlangsamt, dass er dem durchschnittlichen Leistungsniveau einer Zehnjährigen entspricht. Ansonsten sind die Fortschritte Ihrer Tochter recht befriedigend.“ Und er hatte Margie wieder über die Haare gestrichen.
Margie war enttäuscht gewesen. Sie hatte gehofft, dass man den Lehrer ganz fortschaffen würde. Einmal hatten sie Tommys Lehrer fast für einen Monat weggebracht, weil er auf dem Sektor Geschichte überhaupt nicht mehr funktioniert hatte. So sagte sie jetzt zu Tommy: „Warum sollte jemand über die Schule schreiben?“ Tommy blickte auf sie und sah sie überlegen an. „Weil es nicht unsere Art Schule ist, du Dummkopf. Das ist die alte Art Schule, wie man sie vor Hunderten von Jahren hatte.“ Von oben herab und mit sorgfältiger Betonung fügte er hinzu: „Vor Jahrhunderten.“
Margie war verletzt. „Woher soll ich denn wissen, was für eine Art Schule sie vor so langer Zeit hatten.“ Sie schaute ihm über die Schulter und las eine Weile mit, dann sagte sie: „Jedenfalls hatten sie auch einen Lehrer.“ – „Sicher hatten sie einen Lehrer, aber es war kein richtiger Lehrer. Es war ein Mann.“ – „Ein Mann? Wie kann ein Mann ein Lehrer sein?“ – „Na, er hat eben den Jungen und Mädchen Sachen erzählt, ihnen Fragen gestellt und Hausaufgaben gegeben.“ – „Ein Mann ist dafür nicht klug genug.“ – „Klar. Mein Vater weiss so viel wie mein Lehrer.“ – „Das kann er nicht. Ein Mann kann nicht so viel wissen wie ein Lehrer.“ – „Er weiss beinahe so viel, darauf wette ich mit dir.“ Margie fühlte sich für eine Diskussion nicht stark genug. Sie sagte: „Mir würde es nicht gefallen, wenn ein fremder Mann ins Haus käme, um Schule zu halten.“
Tommy kreischte vor Lachen. „Du weisst nichts, Margie. Die Lehrer haben nicht bei den Kindern im Haus gelebt. Sie hatten ein besonderes Haus, und alle Kinder gingen dorthin.“ – „Und alle Kinder lernten dasselbe?“ – „Klar, wenn sie im gleichen Alter waren.“ – „Aber meine Mutter sagt, ein Lehrer muss genau für den Jungen oder das Mädchen eingestellt werden, die er lehrt, und dass jedes Kind andere Lektionen bekommen muss, weil die Kinder im Lernen ganz verschieden sind.“ – „Trotzdem haben sie es damals nicht so gemacht. Wenn es dir nicht gefällt, brauchst du das Buch ja nicht zu lesen.“ – „Ich habe nicht gesagt, dass es mir nicht gefällt“, sagte Margie hastig. Sie wollte gern mehr über diese komischen Schulen lesen.
Sie hatten das Buch noch nicht einmal zur Hälfte durch, als Margies Mutter vor die Tür kam. „Margie! Schule!“ Margie blickte auf: „Noch nicht, Mama!“ – „Jetzt!“, sagte Mrs. Jones. „Und für Tommy wird es wahrscheinlich auch schon höchste Zeit.“ Margie fragte Tommy schüchtern: „Darf ich nach der Schule mit dir weiter in dem Buch lesen?“ – „Vielleicht“, erwiderte er herablassend. Dann schlenderte er pfeifend davon, das staubige alte Buch unter den Arm geklemmt.
Margie trottete unlustig in ihr Schulzimmer. Es befand sich neben ihrem Schlafzimmer, und der mechanische Lehrer war bereits eingeschaltet und wartete auf sie. Der Unterricht fand jeden Tag um die gleiche Zeit statt, ausser samstags und sonntags, weil ihre Mutter sagte, dass kleine Mädchen besser lernten, wenn es nach einem regelmässigen Stundenplan geschah.
Der Bildschirm war erleuchtet, und der Lautsprecher sagte: „Unsere heutige Rechenaufgabe besteht aus der Addition einfacher Brüche. Bevor wir anfangen, steckst du die gestrige Hausaufgabe in den Aufnahmeschlitz.“ Margie gehorchte seufzend. Sie dachte an die alten Schulen zu der Zeit, als der Grossvater ihres Grossvaters ein kleiner Junge gewesen war. Alle Kinder aus der ganzen Nachbarschaft kamen dort lachend und schreiend im Schulhof zusammen, sassen miteinander im Klassenzimmer und gingen nach dem Unterricht zusammen nach Hause. Sie lernten dieselben Aufgaben, damit sie einander bei der Hausarbeit helfen und darüber sprechen konnten.
Und die Lehrer waren Leute…
Auf dem Bildschirm des mechanischen Lehrers erschienen die Worte: „Wenn wir die Brüche ½ und ¼ addieren wollen…“ Margie musste daran denken, wie glücklich die Kinder in den alten Tagen gewesen sein mussten. Wie schön sie es gehabt hatten.
Non-fiction: Avatare als Schulmaschinen
Der Pädagogikprofessor Fritz Breithaupt publizierte 2016 seine Vision der Umstellung des Unterrichtens auf virtuelle Bots:
„2036 werden Eltern schon für ihre fünf Jahre alten Kinder einen virtuellen Lehrer abonnieren. Die Stimme des Computers wird uns durchs Leben begleiten. Vom Kindergarten über Schule und Universität bis zur beruflichen Weiterbildung. Der Computer erkennt, was ein Schüler schon kann, wo er Nachholbedarf hat, wie er zum Lernen gekitzelt wird. Wir werden uns als lernende Menschen neu erfinden. Dabei wird der zu bewältigende Stoff vollkommen auf den Einzelnen zugeschnitten sein“ (Breithaupt, 2016)
Bill Gates nennt als Zeitrahmen zehn Jahre und erweitert das Spektrum der auslaufenden Berufe. Die Zukunft der Arbeit würde sich grundlegend ändern. Menschen würden bald für die meisten Dinge“ nicht mehr gebraucht. Durch den Einsatz von KI werde es bis 2035 möglich sein, viele traditionelle, auch explizit soziale Berufe wie Ärzte und Lehrkräfte zu ersetzen.:
„Derzeit sei ein guter Arzt oder ein guter Lehrer selten. Durch den Einsatz von KI „wird das im Laufe des nächsten Jahrzehnts kostenlos werden“, erwartet Gates. „Großartiger medizinischer Rat, großartige Nachhilfe“ werde es geben, ohne dass noch Menschen beteiligt seien.“ (Pakalski, 2025)
Literaur und Quellen
Asimov, Isaac (1954) Die Schule (engl.: „She thought about the fun they had“)
Breithaupt (2016): Ein Lehrer für mich allein, DIE ZEIT Nr. 5 vom 28. Januar 2016
Pakalski, Ingo (2025) Bill Gates erwartet durch KI kostenlose Ärzte und Lehrer. Golem, 30. März 2025