Der Prozess des Gestaltens – das Hervorbringen von Werken als Akt der Poiesis – ist eine Form des Erkennens im Tun. Kunstpädagogik vermittelt diese Form des Erkennens im Handlungsprozess, wie die Musik und Theaterpädagogik, durch eigenes, zunehmend eigenständiges Gestalten der Lernenden. Dabei muss bei der Mediengestaltung die Auseinandersetzung mit digitalen Techniken gestärkt werden, um diese Werkzeuge qualifiziert und reflektiert einsetzen zu können. Denn kreativ sind nicht Werkzeuge oder Software, sondern nur der Mensch. Einige arbeiten lieber alleine, andere besser im Team. Immer aber brauchen wir den direkten, nicht medial vermittelten Dialog für den kritischen Diskurs. Daher werden reale Werkstätten und Studios als Begegnungsräume umso wichtiger, je stärker Digitaltechniken sowohl Arbeitsprozesse wie zwischenmenschliche Kommunikation bestimmen. Gestaltungsfächer bilden aber nicht nur den notwendigen Gegenpol zur Reduktion auf MINT-Fächer, sondern erschließen sinnliche (aisthetische) Formen des humanen Erkenntnisvermögens als eigenständige Qualität. Gestaltungsunterricht ermöglicht, wie sonst nur die Wissenschaft, durch Experiment und Spiel als potentiell ergebnisoffene Prozesse zu weder bekannten noch antizipierten Ergebnissen zu kommen.
Der Autor ist Grafiker und Philologe. Er unterrichtet seit 1985 Gestaltungstechniken mit analogen und digitalen Mitteln, seit 2002 als Professor für Mediengestaltung und -theorie an der Hochschule Offenburg.
kopaed, München, 2014