Interview von Uwe Ebbinghaus, Redakteur im Feuilleton der FAZ, mit Ralf Lankau (15.10.2020)
In der Corona-Krise hat die Digitalisierung der Schulen Fahrt aufgenommen. Der Medientheoretiker Ralf Lankau findet, sie greife zu kurz und werde zu einer Kostenexplosion führen. Im Interview fordert er ein Umdenken.
Uwe Ebbinghaus: Sie haben in zahlreichen F.A.Z.-Artikeln Kritik an der Digital-Euphorie an Schulen und Hochschulen geübt. Hat sich Ihre Haltung durch die Corona-Krise verändert?
Ralf Lankau: Meine Position hat sich eher geschärft, weil sich die Kritik an bestimmten Formaten bestätigt hat. Ich habe selbst auch im Sommersemester online unterrichtet, in Video-Konferenzen, und es hat sich herausgestellt, dass das viel mit Instruktion und wenig mit Diskurs oder Dialog zu tun hatte. In den Schulen sah es noch schlechter aus, weil viele mangelhaft ausgestattet waren. Das Problem dabei ist: Schulen wurden bislang für den Präsenzunterricht digital ausgestattet. Wenn also die Gelder für den „Digitalpakt Schule“ schon vor der Pandemie vollständig abgerufen und in eine bessere Ausstattung der Schulen investiert worden wären, hätte es in der Pandemie nichts geholfen. Es hätte eine funktionierende Infrastruktur in der Schule gegeben, aber keine Schüler. Das heißt: Der „Digitalpakt Schule“ muss angepasst werden im Hinblick auf eine Mischung aus Distanz- und Präsenzunterricht, wobei Präsenzunterricht das Ziel sein sollte. Lernen im Klassenverband mit Lehrkräften hat eine ganz andere Qualität. Man braucht den Dialog, man braucht das Sozialgefüge, man braucht den „Schutzraum Schule“.
Das ganze Interview in der FAZ: Digitalisierung ist kein pädagogisches Konzept